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Versicherungsbetrug in Krisenzeiten
Olcay Krandaoglu
Mar 24, 2020
Das Coronavirus COVID-19 sorgt überall für Ängste, Verunsicherung und Zweifel: Länder führen Ausgangsbeschränkungen ein, Toilettenpapier und Medikamente werden gehamstert und auch der Geschäftswelt stehen unsichere Zeiten bevor. Für viele scheint eine Wirtschaftsrezession unausweichlich – fragt sich nur, welche Ausmaße sie annehmen wird. Wie in Katastrophenfällen üblich, suchen Betrüger auch jetzt nach Möglichkeiten, Profit aus der Krise zu schlagen.
Versicherer müssen sich auf einen Anstieg von Betrugsfällen als unvermeidliche Begleiterscheinung von Krisenzeiten einstellen.
Betrugserkennung ist keine einfache Aufgabe und erfordert umfassendes Wissen über Betrugsarten, Vorgehensweisen und Verschleierungstaktiken. Menschen begehen nicht aus heiterem Himmel Versicherungsbetrug; dahinter steckt immer ein bestimmtes Motiv. Es ist daher in Krisenzeiten ebenso wie unter normalen Umständen hilfreich, sich die drei Faktoren vor Augen zu führen, die im Betrugsfall zusammentreffen.
Das Betrugs-Dreieck
Der Kriminologe Donald Cressey entwickelte in den 1950er Jahren das Betrugs-Dreieck, dessen drei Faktoren zusammentreffen müssen, damit es zum Betrug kommen kann:
Rechtfertigung: Die Person hält einen Betrug für gerechtfertigt.
Druck: Hier können finanzielle Notlagen, Drogenabhängigkeit, Spielsucht oder der Wunsch nach einem verschwenderischen Lebensstil zum Tragen kommen.
Gelegenheit: Wegen fehlender Kontrollen bietet sich die Möglichkeit, Betrug zu begehen.
Finanzieller Druck
Angesichts der gegenwärtigen Situation wird der Druck zunehmen, wenn Unternehmen unvorhergesehen in eine finanzielle Notlage geraten. Vielen Firmen fehlen die Umsätze, da sie ihr Geschäft schließen mussten. Andere verzeichnen bereits einen starken Nachfragerückgang, da Menschen nicht mehr reisen, auswärts essen und sich nicht mehr versammeln dürfen. Einem aktuellen Bericht von McKinsey & Company zufolge ist mit einer Konjunkturerholung nicht vor Ende 2020 oder Anfang 2021 zu rechnen.
Unternehmer könnten in der Panik zu drastischen Mitteln greifen und etwa Brandstiftung begehen, um an die Versicherungssumme zu gelangen, oder übermäßig hohe Ansprüche wegen Geschäftsausfällen geltend machen. In den Augen der Betroffenen erfordern außergewöhnliche Zeiten auch außergewöhnliche Maßnahmen. Dieses Verhalten war auch in vergangenen Wirtschaftskrisen zu beobachten. Während einige Betrugsversuche leicht zu durchschauen sind, erfordert die Aufdeckung etlicher Betrugsfälle viel Erfahrung und das richtige Gespür.
Auswirkungen für Versicherer
Komposit-Versicherer werden als direkte Folge der Pandemie Underwriting-Verluste erleiden. Zudem werden sich Schwankungen am Aktienmarkt und Zinssenkungen zur Begrenzung der wirtschaftlichen Schäden auf die Kapitalerträge auswirken. Unmittelbare Auswirkungen werden vor allem in der Bewertung von Aktienanlagen und festverzinslichen Vermögenswerten spürbar werden.
In einigen Branchen wie Hotel- und Gastgewerbe, Tourismus, Transport und Unterhaltung werden bereits die ersten Forderungen laut, da Reisen, Geschäftsmeetings und Veranstaltungen storniert werden und immer mehr Menschen positiv auf das Virus getestet werden. Eine Rechtfertigung ist unter diesen Umständen selbst für "ehrlichere" Anspruchsteller schnell gefunden. Es ist verlockend, die Tatsachen ein wenig zu manipulieren, wenn kein anderer Ausweg in Sicht ist oder wenn die Versicherungsbedingungen bestimmte Vorfälle eindeutig ausschließen.
Für Kunden da sein
In Krisenzeiten wird von Versicherern erwartet, dass sie ihr Leistungsversprechen halten und für ihre Kunden da sind, wenn diese sie am dringendsten brauchen. Wenn Kunden ihrer Existenzgrundlage beraubt sind, wird dies allerdings zu einer schweren Aufgabe. Versicherer können am ehesten zügig agieren, wenn sie sicher sein können, dass sie den Versicherten keine Gelegenheit für Versicherungsbetrug bieten.
Die Automatisierung der Risikobewertungen und eine effiziente Erkennung von Betrugsfällen sind bewährte Methoden, um Zahlungen bei betrügerischen Schadenfällen zu vermeiden. Dies wirkt sich nicht nur unmittelbar positiv auf den Nettoprofit des Versicherers aus, sondern – viel wichtiger noch – führt dazu, dass legitime Schadenfälle schnell und sicher reguliert werden können. Auf lange Sicht machen Versicherer auf diese Weise deutlich, dass sie Betrug nicht tolerieren, und fördern damit ehrliches Verhalten.
Wie geht es weiter?
Wie für fast alle Unternehmen birgt die Zukunft auch für Versicherer etliche Herausforderungen. Zum einen müssen Teams verstärkt werden, um die gestiegene Zahl der Anträge zu bewältigen – gleichzeitig müssen im Tagesgeschäft einige Hürden überwunden werden, die das Arbeiten im Homeoffice mit sich bringt. Abgesehen von den Schwierigkeiten der Mitarbeiter, die nicht an Heimarbeit gewöhnt sind, bestehen auf den zweiten Blick noch weitere Herausforderungen: langsamere oder überlastete WLAN-Verbindungen, eingeschränkter Zugriff auf das Firmen-VPN oder Firmenserver sowie die Zusammenarbeit innerhalb von Teams.
Wir alle werden in dieser Krise die eine oder andere Lektion lernen – einige davon bereits jetzt, andere vielleicht erst im Laufe der kommenden Jahre. Versicherer werden für die Zukunft festlegen müssen, was sie unter "Business as usual" verstehen, denn Kunden und Mitarbeiter haben neue Möglichkeiten, neue Herausforderungen, aber auch neue Chancen für Erfolge entdeckt.
Doch nicht nur Unternehmen werden neue Wege zum Erfolg finden – auch Betrüger werden erfinderischer, das war leider schon immer so. Eine erste Lektion haben wir bereits gelernt: Die Welt war auf diese Pandemie nicht vorbereitet. Sind Sie gut genug vorbereitet, um in den nächsten Monaten neue Betrugsmuster aufzudecken?
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